Das Gender Art Laboratory (GAL) der Universität für angewandte Kunst Wien führt seit März 2006 mit der Lehrveranstaltung “GAL-Gender Art Lab – “Primavera”“ seine erste “Charge” am Intersektionspunkt von Kunst und Wissenschaft durch. Ursprünglich wurde das GAL in einer Art Symposium-Modus gedacht und geführt: Im Abstand von 2-3 Wochen wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den Veranstaltungen eingeladen. Seit Wintersemester 2007/8 findet das GAL wöchentlich statt (Dienstags, ab 14.00h, mindestens bis 15.30h). Die Studierenden haben so die Gelegenheit, zwischen wöchentlichem “Basiskurs” und speziellen Themen, zu denen gesondert per Mail und via Internet eingeladen wird, zu wählen bzw. die Teilnahme ihren anderen Verpflichtungen anzupassen. – Was hier simpel “Basiskurs” heißt ist
1. Grundlagen der “Gender-Studies”, kombiniert und alternierend vorgestellt mit den Themen “Feminismus”, “Women Studies”, „Diversity“;
da das GAL immer wieder “NeueinsteigerInnen” verzeichnen kann, muß die Informationskette, auf die das Projekt aufbaut, konstant vorgestellt werden; neben dieser “Basis” werden daraus resultierende Debatten gefördert und Arbeiten der Studierenden, die besonders auf “gendering” Bezug nehmen, persönlich von der Projektleitung betreut;
2. Retrospektiv wird das bereits Erreichte und Besprochene zusammengefaßt und für eine Print-Publikation vorbereitet; die TeilnehmerInnen müssen Texte und “Kunstwerke” für diese Publikation erarbeiten, präsentieren und als zum Druck fähige Vorlage abgeben;
Weiterhin werden Spezialthemen und -Vorträge besonders angekündigt und als “Gastvorträge” abgespielt;
bisher konnte das GAL u. a. Fabian Vogler (Bildhauerische Techniken), Bela Volen (Körperkunst), Isabelle Seumel (ad Emanzipation – Vergleich zur ehem. DDR), Peter Kainz (Digitale Photographie) Veronika Schnell (Cyber), Anna Schiller (Geschichte Gender Studies), Maurizio Seracini (Decoding), Kurt Flasch (Von Boccaccio zu Dante, von Griselda zu Beatrice und Warum ich kein Christ mehr bin), Easterine Kire, Christian Bauer, Ille Gebshuber und Renate Brosch verpflichten. Bundesministerin Gabriele Heinisch- Hosek war als Gast zu einer Debatte im GAL eingeladen.
Zentrale Punkte des GAL waren ebenso die Studienreise nach Florenz (u. a. zur Ausstellung “Leonardo da Vinci – nel laboratorio del genio universale”) und die Ausstellungen der GAL-Studierenden im Haus Wittgenstein (Juni 2007 und Juni 2012 sowie Oktober 2012 im Heiligenkreuzer Hof – die beiden letztgenannten unter dem Thema „Illuminazioni“; für die Ausstellungen wurden die Arbeiten selbständig von den TeilnehmerInnen ausgesucht – eine Vorauswahl seitens der Projektleitung widerspräche dem Prinzip des GAL – womöglich sind gerade deswegen die Austellungen äußerst Positiv aufgenommen worden).
Eine weitere, höchst erfolgreiche Präsentation hatte das GAL im Verfolg zu den Vorträgen Alice Schwarzers 2009.
DAS PRINZIP GAL
Das Gender Art Lab orientiert sich de facto positiv an den Werkstätten des Rinascimento, die Ort der Lehre und Produktion gewesen sind.
IM GAL funktioniert die Verschränkung von Kunst und Wissenschaft (Kopfarbeit und Handwerk) einerseits über die wöchentlichen Meetings, die eine permanente Werkstätte (immer noch) ersetzen müssen, andererseits stehen die von den Studierenden hergestellten Kunstwerke sämtlicher Disziplinen, angeregt durch das GAL, im Mittelpunkt der Betreuung und Debatte.
Gastvorträge – künstlerisch oder wissenschaftlich – alternieren mit Workshops – künstlerischen oder wissenschaftlichen. Als Gastvortragende können KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen aller Disziplinen eingeladen werden, gleich, ob sie an der Angewandten arbeiten oder nicht. Bis auf die Projektleitung selbst (Marion Elias, assistiert von Robert Maierhofer) gibt es keine regelmäßig Lehrenden oder regelmäßige Lehrveranstaltungen.
Das Prinzip GAL ist das Prinzip größtmöglichen basisdemokratischen “Unterrichts” (=Forschung, Lehre, Produktion), multidisziplinär und – international.
Als “Bestätigung” seiner Arbeit zeigt sich das GAL in Ausstellungen und Publikationen (Publ. für 2014 in Bearbeitung).
Anfänglich war besonders die LV “GAL-Primavera” mit einer Fokussierung auf den Bildende-Kunst-Bereich angelegt; mittlerweile hat exakt dieses Seminar TeilnehmerInnen aus sämtlichen Studienrichtungen und betreut ergo auch Projekte aus diesen Bereichen, die im Zusammenhang mit dem GAL oder für das GAL entstehen.
Benotet wird lediglich die Teilnahme an den Veranstaltungen (kein Zeugnis bei permanentem Fehlen), eine Wertung wäre unlogisch.
Zur Zeit hat das GAL über 100 TeilnehmerInnen (einige aus der “ersten Zeit” sind durch Diplomabschluß ausgeschieden, obwohl es dazu keine Regeln gäbe, andere haben aus familiären Gründen ihre Anwesenheit verkürzt – etwa, wenn sich Nachwuchs eingestellt hat), die sich in einer Art “losem Zusammenhang” an den Events und Meetings beteiligen.
Für die Zukunft wäre zu hoffen, das nach dem Prinzip des GAL andere, selbständige Lehrveranstaltungen an der Angewandten entstehen könnten; das oben genannte Programm realisiert sich – in einer einzigen solchen…und heißt simpel nach dem “Frühling”, der die Renaissance eingeleitet hat…
Gender Studies sind heute als Fachgebiet international an zahlreichen Universitäten auf unterschiedliche Weise positioniert und etabliert. Obwohl es scheinbar schon lange “nichts neues” mehr gibt und die Debatte um das Was und Wie und Warum von Gender-Studies bei weitem dennoch keiner positiven finalen Lösung sich anzunähern scheint, kann weder die Relevanz des Themas noch seine Vielfältigkeit ignoriert werden. Als Institution, deren vorrangigster Auftrag in der Ausbildung (und Bildung) zukünftiger Künstlergenerationen liegt, wird die Universität für angewandte Kunst Wien auch den Bereich Gender Studies weitertragen – und zwar im Hinblick auf die traditionellen Vorteile des Hauses: in letztendlich praktischen Beispielen, die man hinstellen, abspielen, anschauen oder an die Wand hängen kann. Die Umsetzung von Aspekten des Genderings in künstlerische Bereiche ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft und kann durchaus (optisch) hervorragende Werke vertragen. Diese Umsetzungen anzuregen, praktisch und theoretisch zu unterstützen, ist Aufgabe des Gender Art Laboratory und der dort mit den Studierenden arbeitenden Künstler/Künstlerinnen und Wissenschaftler/Wissenschaftlerinnen.
Ziel ist letztendlich, auch die Kunst und die KünstlerInnen einzubinden in Möglichkeiten zu einer menschlicheren Gesellschaft – aufzeigen, kritisieren, vorschlagen, ändern. Vor allem aber: bewußt machen, daß da nicht alles stimmt in unserer Welt…
Projektleitung: ao. Univ.-Prof. Mag. Art. Dr. phil. Marion Elias assisted by
Robert Maierhofer